Die Organisierte Kriminalität in Deutschland wird immer brutaler und professioneller. Das ist das Fazit der heutigen Pressekonferenz im Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden. Innenminister Alexander Dobrindt, BKA-Präsident Holger Münch und der Sucht- und Drogenbeauftragte Prof. Dr. Hendrik Streeck stellten die aktuellen Bundeslagebilder zur organisierten Kriminalität und zur Rauschgiftkriminalität vor.

„Wir stellen fest, dass die Handelsdelikte mit Ecstasy, Crystal und Kokain im zweistelligen Prozentbereich angestiegen sind“, erklärte Innenminister Dobrindt. Besonders alarmierend sei die Zahl der Drogenlabore, die sich in den letzten Jahren deutlich erhöht habe. „Das ist ein gesicherter Hinweis auf einen massiv steigenden Drogenkonsum in Deutschland.“

Nach Zahlen des BKA sank zwar die Gesamtzahl der registrierten Rauschgiftdelikte 2024 um rund 34 Prozent – ein Effekt der Teillegalisierung von Cannabis im April vergangenen Jahres. Gleichzeitig nahm aber die Produktion synthetischer Drogen drastisch zu. Erstmals wurden sogenannte Kombilabore entdeckt, in denen mehrere Stoffe gleichzeitig hergestellt wurden. „Allein in Nordrhein-Westfalen haben wir acht dieser Großlabore gefunden“, berichtete Münch. „Dort wurde teils im industriellen Maßstab produziert.“

BKA-Präsident Münch machte deutlich, dass sich die Täter zunehmend international vernetzen. Über verschlüsselte Kommunikationsdienste und Darknet-Kanäle organisieren sie Handel, Geldwäsche und Auftragsgewalt. „Wir sehen das Phänomen ‚Violence as a Service‘, also Gewalt als Dienstleistung“, so Münch. „Das bedeutet, dass Gewalttaten im Netz beauftragt werden können, ohne dass die Auftraggeber selbst in Erscheinung treten.“

Auch beim Drogenschmuggel passen sich die Täter an. Kokain wird immer häufiger auf hoher See über sogenannte „Drop-off-Verfahren“ nach Europa gebracht. „Unsere Küste ist inzwischen Schauplatz des internationalen Kokainschmuggels“, erklärte Münch. Im vergangenen Jahr seien 24 Tonnen Kokain in Deutschland sichergestellt worden – doppelt so viel wie noch vor wenigen Jahren.

Innenminister Dobrindt kündigte an, stärker gegen die finanziellen Strukturen der organisierten Kriminalität vorzugehen. „Wir wollen eine Beweislastumkehr, wenn es um die Einziehung von Vermögenswerten geht“, sagte er. Künftig soll also der Nachweis erbracht werden müssen, dass Vermögen legal erworben wurde. „Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden, wird eingezogen. Wir müssen den Tätern das Geld wegnehmen.“

Sucht- und Drogenbeauftragter Streeck lenkte den Blick auf die gesundheitlichen Folgen. 2024 starben laut Bundeslagebild 2.137 Menschen in Deutschland an den direkten Folgen ihres Drogenkonsums – rund sechs Tote pro Tag. „Hinter jeder Zahl steht ein Mensch, eine Familie, ein Schicksal“, sagte Streeck. Besonders gefährlich sei die zunehmende Verbreitung synthetischer Opioide wie Nitazene, die bis zu 500-mal stärker wirken als Heroin.

„Wir stehen möglicherweise am Beginn einer Opioid-Krise“, warnte Streeck. „In einigen Regionen sind Suchthilfen und Rettungsdienste schon heute überfordert.“

Kritik äußerte Dobrindt am Cannabisgesetz. Dieses habe „die Verfügbarkeit und Nachfrage deutlich erhöht“. Der Minister nannte es ein „schädliches Gesetz für unsere Gesellschaft, für die Kinder und für unseren Rechtsstaat“.

Das BKA will seine Ermittlungen im Bereich digitaler Finanzströme weiter ausbauen und setzt auf internationale Kooperationen, um Geldwäsche und Kryptotransaktionen besser nachverfolgen zu können. Münch betonte: „Organisierte Kriminalität lässt sich nur bekämpfen, wenn wir ihre wirtschaftlichen Grundlagen zerstören.“

(red [LW])

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