Das Anbringen von 110 zusätzlichen LED-Leuchten an einem Lastkraftwagen führt nicht zwingend dazu, dass die Betriebserlaubnis gem. § 19 Abs. 2 Nr. 2 StVZO erlischt. Hierfür muss vom Gericht festgestellt werden, dass die Beleuchtung eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer erwarten lässt. Dies hat der Bußgeldsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts in einem Rechtsbeschwerdeverfahren entschieden.
Der Betroffene hatte an seiner Sattelzugmaschine mehr als 110 zusätzliche LED-Leuchteinheiten – gesondert schaltbar durch einen eigenen Stromkreis – angebracht. Die Zusatzbeleuchtung diente der Verwendung des Fahrzeugs bei einer Showveranstaltung. Diese Beleuchtung war während einer Fahrt in den Abendstunden im September 2020 auf der BAB 6 eingeschaltet, weshalb die Polizei den Mann aus Witten anhielt und kontrollierte. Da die Polizei davon ausging, dass die Betriebserlaubnis durch die Zusatzbeleuchtung erloschen war, leitete sie ein Bußgeldverfahren ein.
Das Amtsgericht Landstuhl verurteilte den Fahrzeugführer daraufhin wegen der vorsätzlichen Inbetriebnahme eines LKWs trotz erloschener Betriebserlaubnis zu einer Geldbuße von 360 €. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte – vorläufig – Erfolg. Der Bußgeldsenat hat das Urteil aufgehoben und das Verfahren zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Nach der Entscheidung des Senats hat das Amtsgericht eine von der Zusatzbeleuchtung ausgehende Gefährdung von Verkehrsteilnehmern im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 StVZO nicht hinreichend festgestellt. Diese Vorschrift setze zwar keine konkrete Gefährdung voraus, so der Senat. Es sei aber erforderlich, dass der Bußgeldrichter im Einzelfall ermittele, ob die am Fahrzeug vorgenommenen Änderungen eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern generell erwarten lasse. Der reine Verweis auf die hohe Anzahl der (110) eingebauten LED-Leuchten genüge nicht. Denn allein die hieraus folgende besondere Auffälligkeit des LKWs bei eingeschalteter Beleuchtung begründe nicht die Erwartung, dass andere Verkehrsteilnehmer in gefährdender Weise vom Verkehrsgeschehen abgelenkt werden. Das Amtsgericht hätte sich zumindest mit der Leuchtkraft und Farbgebung der LED-Leuchten und einer daraus möglicherweise folgenden Blend-Wirkung auseinandersetzen müssen. Dass der Einbau lichttechnischer Anlagen per se zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führe – wovon das Amtsgericht ausgegangen war – halte der Senat nicht für zutreffend. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Einbau der Leuchten eine Veränderung der notwendigen lichttechnischen Anlagen des Fahrzeugs (wie beispielsweise bei getönten Rückleuchten) zur Folge hätte. Da die zusätzlichen LED-Leuchten in einem gesonderten Stromkreis getrennt von der notwendigen Beleuchtung schaltbar gewesen seien, sei diese Voraussetzung nach Auffassung des Senats nicht gegeben.
In dem erneuten Verfahren wird das Amtsgericht nun zu klären haben, ob die Showbeleuchtung zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führen kann. Dabei wird ggf. auch zu beachten sein, dass das Anbringen von nicht vorgeschriebenen oder unzulässigen lichttechnischen Einrichtungen am Fahrzeug gemäß §§ 69 Abs. 3 Nr. 18 i.V.m. 49a StVZO auch ungeachtet einer möglichen Gefährdung bußgeldbewehrt ist (Regelsatz nach Nr. 221.2 Bußgeldkatalog-Verordnung: 20 €).
Verfahrensgang:
AG Landstuhl, Urteil vom 29.07.2021, Az. 2 OWi 4211 Js 475/21
Pf. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 24.05.2022, Az. 1 OWi SsBs 101/21
(PM)